Wo man fahnden muss, wissen die Forscher nur zu genau. Fremdes Leben existiert, wenn überhaupt, ausschließlich auf Planeten. Nicht zu heiß dürfte es dort sein, zu eisig aber auch nicht. Leben braucht schließlich Wasser - und das möglichst in flüßiger Form. Als ideal gilt deshalb unter Experten ein Sonnenabstand, der einer Umlaufbahn von etwa einem Jahr entspricht. Soweit die Theorie. Die Praxis indes erweist sich als Weitaus komplizierter. Erst vor rund 15 Jahren entdeckten Astronomen den ersten Planeten überhaupt außerhalb unseres Sonnensystems, bis heute spürten sie 342 davon auf. Doch eine zweite Erde war nicht annähernd dabei: Entweder handelte es sich bei den "Exoplaneten" um Jupiterähnliche Gasriesen, um tote Gesteinsbrocken mit der Oberflächentemperatur eines Schmelzofens, oder um gewaltige Eiskugeln - in jedem Fall um Himmelskörper ohne Chance auf Leben.
Bald jedoch könnte es Entdeckungen erdgleicher Welten in Serie geben: Seit einer Woche sucht die NASA mit ihrem neuen Weltraumteleskop "Kepler". Etwa 100000 Himmelskörper soll die Sonde innerhalb von drei Jahren in den Sternbildern Schwan und Lyra beäugen und dabei feststellen, ob unter ihnen potenzielle "Erdzwillinge" sind. Ab ein paar Dutzend solcher Planeten stiege zumindest die Chance auf fremdes Leben im All signifikant. Bliebe die Suche indes erfolglos - die Erde wäre wohl endgültig als einsamer Außenposten des Seins akzeptiert.
Bislang konnten Wissenschaftler die meisten "Exoplaneten" nur indirekt nachweisen. Kreist ein Planet um einen Stern, bewegen sich beide um ihren gemeinsamen Schwerpunkt - wie ein Hammerwerfer und seine Kugel. Weil ausgehende Lichtwellen sich dadurch leicht in ihrer Frequenz verlagern, entsteht eine "Rotverschiebung" und der Planet "verrät" sich. "Kepler" geht anders vor. Die Sonde macht im 30-Minuten-Takt Bilder von dem anvisierten Sternfeld. Dabei suchen die Sensoren nach kleinsten Helligkeitsschwankungen. Sie entstehen, wenn Planeten vor den Scheiben ihrer Muttersterne vorüberziehen und deren Licht kurzfristig zu einem Teil abblocken. Für diese Beobachtungen nutzt "Kepler" die größte Kamera, die je in den Weltraum gebracht wurde. Ein Spiegel von 1,4 Metern Durchmesser reflektiert das Sternenlicht auf ein Fotometer. Dieses Herzstück des Himmelsauges besteht aus 42 CCD-Empfängern, wie sie auch in Digitalkameras arbeiten. Zusammen bringen sie es auf eine Auflösung von 95 Megapixeln. Noch in den Tiefen des Alls könnte "Kepler" registrieren, dass ein Mensch vor einer Terrassenlampe vorbeigeht - nur, weil das Licht für einen Moment trüber wird.
Mit einer einzigen stellaren Verdunkelung ist es unter Astronomen allerdings nicht getan. Weil Helligkeitsschwankungen von Sternen viele Ursachen haben können, observiert "Kepler" den ausgewählten Fleck in der Milchstraße ein Jahr lang, um zu sehen, ob einzelne Sterne periodisch flackern. Nur dann nämlich kann die Lichtabschwächung von Trabanten herrühren. Der Rest wäre bloße Rechnerei: Aus der Dauer eines Transits und der dabei erfolgenden Lichtabschwächung können Astrophysiker über die von Namensgeber Johannes Kepler Anfang des 17. Jahrhunderts ermittelten Gesetze die Bahnperiode und Masse eines Planeten errechnen, ebenso seine Größe und den Abstand von seiner Sonne. Daraus wiederum lässt sich auf seine Oberflächentemperatur schließen und auf die Möglichkeit von Wasservorkommen.
Doch selbst wenn alle Voraussetzungen für Leben erfüllt wären, ist das mit der "zweiten Erde" so eine Sache. Schließlich sind vom Blauen Planeten aus gesehen derzeit gerade mal die Nachbarn Venus und Mars – so ungastlich sie auch sein mögen - theoretisch erreichbar. Zu den Trabanten die "Kepler" aufspüren könnte, wäre man Lichtjahre unterwegs.